Vienna-Tokyo Architecture and Urban Development Forum 2015

Vortrag von KEI MINOHARA in Wien 2015/06/17

„Vom Feudalismus zur Moderne/ Vom Wachstum zur Reife – Die städtebaulichen Veränderungen Japans von der Vergangenheit zur Gegenwart und in der Zukunft“

Der Vortrag wurde von Kei Minohara, einem international renommierten japanischen Stadtplaner in der Planungswerkstatt der Stadt Wien für Architekten und Stadtplanungsexperten der Wiener Stadtverwaltung gehalten. Minohara präsentierte die Geschichte der städtebaulichen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts in Tokio, beginnend mit der Meiji Periode, als sich Japan dem Westen öffnete und von da an begonnen hat sich mit der Architektur und der Stadtentwicklung europäischer Prägung auseinander zu setzen. Dieser Prozess hält mehr oder weniger bis in die heutige Zeit an.

Bezugnehmend auf die unterschiedliche Geschichte und deren Hintergründe wurde von Minohara erklärt, was sich im letzten Jahrhundert ereignet hat und wie sich das heutige, moderne Tokio voraussichtlich weiterentwickeln könnte. In dem Zeitraum, wo beispielsweise Wien, als typische Vertreterin einer historischen, europäischen Stadt von gleichmäßigem Wachstum geprägt wurde, musste Tokio dreimal vergleichsweise aus dem Nichts vollständig wieder aufgebaut werden:

  1. Beginnend mit der Meiji Ära hat sich Japan dem Westen geöffnet, um von Europa Lebensweisen, aber auch die Architektur und Stadtplanung zu studieren und zu übernehmen.
  2. Durch eines der größten Erdbeben (Kanto) in der Geschichte Japans wurde Tokio durch die Brände dem Erdboden nahezu gleichgemacht.
  3. Nach dem 2. Weltkrieg war Tokio vollständig zerbombt und niedergebrannt.

Vor Allem während der Zeit der weltweit außerordentlichen wirtschaftlichen Entwicklung der 60iger und 70iger Jahre, kam es zu einem rasanten Wachstum in Tokio. Dieses Wachstum, durch die Regierung zu kontrollieren, war nahezu unmöglich. Gleichzeitig entstanden eine große Menge privater Initiativen, durch die Japan zu einem, der erfolgreichsten Player in der Welt wurde. Im Gegenzug dazu hat sich Japan durch diese, von der Politik weitgehend unkontrollierten Entwicklung viele zukünftige Probleme eingehandelt.

Kei Minohara, der sowohl in der Regierung als auch als freier Stadtplaner mehr als ein halbes Jahrhundert in Japan gewirkt hat, sieht gerade jetzt die große Chance, eine neue Stadtentwicklungsperiode in Verbindung mit den Olympischen Spielen 2020 in Tokio ein zu leiten. Seiner Meinung nach muss sich Tokio auf die Suche nach besserer Lebens- und Umweltqualität begeben, so wie auch Wien gerade diese Schwerpunkte in seiner Entwicklung zum Ziel hat. Beide Städte, so unterschiedlich sie auch sein mögen, zeichnen sich jetzt schon durch eine besonders hohe Lebensqualität* aus. Tokio und Wien sind bestrebt diese Qualitäten weiter zu entwickeln, um den Menschen auch in Zukunft ein lebenswertes Umfeld im Einklang mit Natur und Gesellschaft bieten zu können.

 

6 Schlüsselbegriffe für die Zukunft der Stadtplanung von Tokyo (aus dem Vortrag von Kei Minohara on 2015/06/17)

  1. Rückgewinnung des Zuganges zur Waterfront, Verbesserung der Umwelt von der See- und Flusslandschaft für die Erhöhung der Lebensqualität, entsprechend dem Vorbild aus der Zeit vor Edo.
  2. Zeigen, das Tokyo ehrlich bemüht ist, in bessere Technologien und Gestaltungen zu investieren, um einer fortschrittlichen, ökologischen Metropole zu entsprechen, das bedeutet ökologische Landschaftsplanung und die Realisierung von experimentellen Projekten zu forcieren.
  3. Als Pionierleistung Modelle im Wohnhausbau unter dem Gesichtspunkt der rasch ansteigenden Überalterung der Bevölkerung in Verbindung mit dem olympischen Dorfes 2020 zu entwickeln,
  4. Flächendeckende Reformierung des Fußgängerverkehrs im Zusammenhang der Verbindungen von öffentlichen Verkehrssystemen mit hochqualitativer Schnittstellengestaltung der unterschiedlichen Verwaltungen.
  5. Darstellen und umsetzen von beispielhaften Modellen in der angrenzende Umgebung der olympischen Einrichtungen, wie beispielsweise die Entwicklung von nachhaltigen Gemeinschaften mit angemessenen öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen für ein fortschrittliches Nachbarschaftsprogramm zwischen den Zonen mit sinkender Dichte im suburbanem Raum und dem gleichzeitigen Bevölkerungswachstum im Zentrum von Tokyo.
  6. Gestaltung einer Verbindung zu den lokalen Gemeinschaften außerhalb des Großraumes der Metropole Tokyos durch Aktivierung der vorhandenen Ressourcen, der Nutzung von Holzkonstruktionen und beispielsweise der Errichtung von Biomasseenergieanlagen mit Holz als Grundstoff.

* “The Huffington Post, 24.Juni, 2015 “Tokyo is the World`s “Most Livable City”